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Wie Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen verändert

Künstliche Intelligenz ist aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Sie ergänzt die Fachexpertise von Mediziner:innen und ebnet den Weg zu einer effizienteren, präziseren und personalisierten Gesundheitsversorgung. KI-gestützte Systeme transformieren Diagnostik, Therapie, Forschung und Prävention – und läuten ein neues Zeitalter der Medizin ein.

18.11.2025
Lesezeit: 6 min

Krankheiten per Handykamera oder Smartwatch erkennen, Röntgenbilder beurteilen, Gewebe auf Krebszellen untersuchen oder seltene Erkrankungen anhand rätselhafter Symptome erkennen – die Einsatzgebiete von KI in der medizinischen Versorgung sind immens. Statista-Auswertungen zufolge könnte sich der globale Umsatz im Gesundheitswesen mit KI-Unterstützung im Jahr 2029 auf mehr als 140 Milliarden US-Dollar belaufen. Das große Potenzial Künstlicher Intelligenz in der Medizin und insbesondere in der Diagnostik hat auch die Politik erkannt: So fördert die EU mit ihrer „Apply AI Strategie“ unter anderem Netzwerke von KI-gestützten Zentren für Gesundheits-Screenings.

Die KI-Medizin entwickelt sich in rasantem Tempo weiter. Doch was bedeutet sie ganz konkret für Patient:innen, die monatelang auf Arzttermine warten, unpräzise Krebsdiagnosen erhalten oder im Arbeitsalltag mit psychischen Belastungen kämpfen?

Präzisere medizinische Diagnostik

Die größten Fortschritte der KI-Medizin sind bisher in der bildgebenden Diagnostik zu beobachten, etwa in der Computertomografie, der Magnetresonanztomographie (MRT) oder ähnlichen Verfahren. Denn was KI-Tools am besten beherrschen, sind Analysen großer Datenmengen auf wiederkehrende Muster, auf die sie mithilfe des maschinellen Lernens trainiert werden. Die Bildanalyse mit KI kann in kürzester Zeit Auffälligkeiten in Röntgenbildern, MRTs, CT-Scans oder auch mikroskopischen Aufnahmen von Gewebeproben entdecken und für die Ärztinnen und Ärzte markieren. KI-Systeme erkennen dabei sogar Muster und Anomalien, die für das menschliche Auge nur schwierig oder gar nicht sichtbar sind. So helfen sie etwa bei der Früherkennung von Brustkrebs oder entdecken kleinste Gewebeveränderungen in der Lunge. Das führt zu schnelleren und genaueren Diagnosen, was wiederum die Behandlungsergebnisse und Überlebenschancen verbessern kann. Und: Je personalisierter die Behandlungsvorschläge sind, desto besser ist die Patientenversorgung. Das macht die Abläufe insbesondere in Krankenhäusern effizienter und steigert die Qualität der medizinischen Betreuung.

Weitere Anwendungsbereiche der KI-Diagnostik

In der Dermatologie findet KI mittlerweile breite Anwendung: Systeme, die mithilfe maschinellen Lernens an Tausenden von Hautbildern trainiert wurden, können bösartigen Hautkrebs (Melanome) und andere Hautkrankheiten mit hoher Präzision klassifizieren. KI-Anwendungen spielen auch in der Therapie immer öfter eine wichtige Rolle. So helfen KI-Algorithmen, Befunde zu ordnen und die passende Diagnose daraus abzuleiten. Künstliche Intelligenz unterstützt sogar Operationen, etwa in Chirurgie, Gynäkologie und Urologie. Vor allem in unübersichtlichen, komplizierten anatomischen Bereichen ermöglichen OP-Roboter oft präzisere und schonendere Eingriffe als es die menschliche Hand je könnte. Es kommen KI-basierte Lösungen zum Einsatz, die aus Daten vorheriger Operationen lernen, um die einzelnen Schritte zu perfektionieren und mögliche Fehlerquellen zu vermeiden.

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Intelligente Gesundheits-Assistenzsysteme

Neben der Diagnostik bieten KI-Systeme auch in der Patient:innenbetreuung großes Potenzial. Schon heute sind KI-gesteuerte Chatbots und virtuelle Assistenten wie der SmartChat im Einsatz, um Patient:innen bei der Beantwortung medizinischer Fragen zu helfen, an Medikamenteneinnahmen zu erinnern und Termine zu verwalten. Zukünftig werden diese Systeme noch intelligenter. Sie können Gesundheitsdaten kontinuierlich überwachen – auch aus der Ferne – und Frühwarnzeichen für Krankheiten erkennen, indem sie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen, geringe Blutsauerstoffsättigung, hohen Blutzucker oder Blutdruckschwankungen feststellen. Solche Systeme fördern die Prävention chronischer Krankheiten und entlasten das medizinische Personal.

Davon profitiert ein Markt besonders: E-Health. Und der wächst rasant. Allein im dritten Quartal 2024 wurden in Deutschland rund 90 Start-ups im medizinischen Bereich gegründet. Eines der bekanntesten ist Ada Health. Die App hilft Nutzer:innen, Symptome zu analysieren, die ihnen aufgefallen sind. In dieser Form der Präventivmedizin sehen auch Fachleute großes Potenzial: Symptome selbst abklären und checken, ob man zur Hausärztin bzw. zum Hausarzt oder in die Notaufnahme gehen sollte – oder vielleicht keins von beidem.

Eine innovative Lösung, die dabei helfen kann, ist der Vitality Check. Der Patient benötigt lediglich die Kamera eines Smartphones, Tablets oder Laptops, um sein Gesicht zu scannen. Die smarte Technologie zeigt nach weniger als einer Minute zentrale Vitalwerte wie den Puls, die Herzfrequenz oder das Stresslevel. Besonders praktisch: Der Vitality Check ist ein Software-Development-Kit (SDK), das die Telekom MMS flexibel in große Gesundheitsplattformen, Webseiten oder zum Beispiel Krankenkassen-Apps integrieren kann.

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Datenqualität und digitale Vernetzung entscheiden

Den beeindruckenden Fortschritten in der KI-Medizin stehen allerdings weiterhin viele Herausforderungen gegenüber: KI-Systeme können nur so gut arbeiten, wie ihre Datenbasis es zulässt. Die benötigten Daten sind aber noch nicht hinreichend zugänglich. Ein wichtiger Schritt ist hier die elektronische Patientenakte (ePA). „Die ePA ist ein guter Datentresor. Die Kunst ist es, diese Daten auch in der Versorgung und in der Prävention zu nutzen“, sagt Gottfried Ludewig, Senior Vice President Health Industry bei T-Systems International und Leiter Public Sector Telekom Deutschland GmbH. Durch die digitale Vernetzung von (pseudonymisierten) Patient:innendaten, öffentlichen Gesundheitsdaten, Gesundheits-Apps und privat genutzten Wearables wie Smartwatch oder Fitnesstracker ließe sich das Potenzial der Medizin-KI weiter ausschöpfen. Das Fraunhofer Institut für kognitive Systeme IKS sieht in der Datenvernetzung sogar die Grundlage für individualisierte und optimierte Gesundheitsangebote.

Wie KI-gestützte Datenanalysen in Krankenhäusern unterstützen können, wird aktuell am Universitätsklinikum Bonn (UKB) erprobt. In kritischen Situationen, wie zum Beispiel einem plötzlichen Ausfall des IT-Systems, ist es für die Klinikleitung, die IT-Abteilung und das Pflegepersonal entscheidend, schnell einen Überblick über die aktuelle Lage zu erhalten und gezielt reagieren zu können. Genau hier setzt die gemeinsam von Telekom MMS und dem UKB entwickelte Lösung an: Sie unterstützt die verschiedenen Berufsgruppen im Krankenhaus dabei, kritische Informationen in Echtzeit zu erfassen und fundierte Entscheidungen zu treffen – sowohl im Regelbetrieb als auch im Krisenfall.

Das prototypisches Echtzeit-Lagebild überwacht sensible IT-Umgebungen kontinuierlich und vereint unterschiedlichste Datenquellen – von IT-Systemen und Medizingeräten bis hin zu Informationen über Patientenströme und Personalplanung – in einem zentralen Dashboard. Die Plattform Splunk bildet dabei die technische Grundlage und wird durch ein KI-Modul zur Vorhersage von Systemzuständen ergänzt. Ziel ist es, die Resilienz des Klinikbetriebs nachhaltig zu stärken und die Versorgungssicherheit jederzeit zu gewährleisten.

Ein spannender Anwendungsfall in Spanien zeigt, wie KI die Arbeit auf Intensivstationen und bei kritischen Entscheidungen unterstützen kann. Das von der Telekomtochter T-Systems bereitgestellte System nutzt historische Krankenhausdaten und Echtzeit-Patient:innendaten, um den besten Zeitpunkt zur Entwöhnung von Beatmungsgeräten vorherzusagen. Durch die Vorhersage des Krankheitsverlaufs, von Komplikationen und Rehabilitationsbedarf können die Kliniken ihre Ressourcen besser zuweisen, wodurch die Versorgung der aktuellen Patient:innen verbessert und die Wartezeit für zukünftige Patient:innen verkürzt wird. „Weitere unserer KI-Anwendungen sind bereits erfolgreich im Einsatz“, betont Elke Anderl, Chief Commercial Officer von T‑Systems. „Zum Beispiel ermöglichen wir mithilfe von KI, schwerwiegende Komplikationen wie Niereninsuffizienz frühzeitig vorherzusagen und rechtzeitig auf potenzielle Risiken aufmerksam zu machen – gerade in Situationen, in denen jede Sekunde zählt.“

KI kann nicht nur die Patient:innenversorgung verbessern und das medizinische Personal entlasten, sondern bietet auch große Potenziale für Unternehmen. KI-gestützte Lösungen können dabei helfen, die Gesundheit der Mitarbeitenden nachhaltig zu fördern und die Organisation widerstandsfähiger zu machen. Beispiele sind digitale Plattformen zur Stressprävention und niedrigschwellige mentale Gesundheitsangebote wie die virtuelle Plattform „Wellsphere“: Das browser- und VR-fähige Mental Health Metaverse, entwickelt von Telekom MMS, der Barmer und dem Fürstenberg Institut, bietet Mitarbeitenden eine rund um die Uhr verfügbare Insel zum Abschalten, Lernen und Reflektieren.

Mehr Effizienz in Forschung und Entwicklung

Nicht zuletzt profitiert auch die Forschung stark von KI-Anwendungen. Die Entwicklung neuer Medikamente etwa ist ein langwieriger und kostspieliger Prozess. Hier können Algorithmen potenzielle Wirkstoffkandidaten identifizieren und deren molekulare Strukturen analysieren, um vorherzusagen, wie sie mit menschlichen Zellen interagieren werden. Das reduziert die Notwendigkeit umfangreicher Laborexperimente. Zudem hilft KI bei der Optimierung klinischer Studien, indem sie die passenden Patient:innen für eine Studie findet und gesammelte Daten schneller auswertet. Hier bietet die Telekom eine moderne Lösung an, die Studiendaten erfasst und verwaltet. Das ermöglicht Pharma-Unternehmen und anderen Akteuren, klinische Prozesse in Early-Phase-Studien effizient zu steuern und zu dokumentieren. „Alles, was die Nutzung von Gesundheitsdaten fördert, hilft am Ende auch der Forschung“, bestätigt auch Gottfried Ludewig.

Zukunftsblick: Personalisierte Medizin

In Zukunft wird KI nicht nur als Diagnosetool fungieren, sondern auch bei der personalisierten Medizin eine immer größere Rolle spielen. Die personalisierte Medizin zielt darauf ab, die Behandlung auf die individuelle Person zuzuschneiden. Sofern es gelingt, genetische Daten, Informationen zum Lebensstil und Krankheitsverläufe miteinander zu verknüpfen, könnten KI-Modelle präzisere Risikoprognosen erstellen und individuelle Therapieempfehlungen aussprechen. Beispielsweise könnte eine KI vorhersagen, welche Therapie bei einem bestimmten Krebspatienten die größte Erfolgsaussicht hat, basierend auf dem genetischen Profil des Tumors.

Um solche Zukunftsszenarien umzusetzen, braucht es eine verlässliche Cloud-Infrastruktur für KI-Anwendungen im Gesundheitssektor. Denn personalisierte Medizin gehe nur digital, betont der Chef der Gesundheitssparte von T-Systems: „Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte sitzen heute Stunden vor dem Computer und dokumentieren vor sich hin. Diese enorme Verschwendung von hoch ausgebildeten Fachkräften muss ein Ende finden.“

Dabei ist KI kein Ersatz für den Arzt oder die Ärztin, aber ein mächtiges Werkzeug, das die medizinische Expertise ergänzt und die Gesundheitsversorgung effizienter und präziser macht. Fachleute argumentieren, dass auch die Erfindung von Dialyse, Röntgen, Ultraschall oder MRT die menschlichen Mediziner:innen nicht ersetzt, sondern vielmehr ihre Arbeit verbessert hat. Und genau das erhofft man sich mit den wachsenden Möglichkeiten von KI: die Medizin besser für die Anforderungen der Zukunft aufzustellen.

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